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„You’re only as good as your last run“ – Warum sich viele Läufer:innen über ihre letzte Leistung definieren

“You’re only as good as your last run” – wer hat diesen Spruch auch schon einmal gehört? Diesem Mantra begegnen wir übrigens überall im Alltag, so nämlich auch im Business-Kontext. Da es hier ums Laufen geht, frage ich mich: Warum definieren sich so viele Läufer:innen über ihre letzte Leistung – und wie wirkt sich dieses Denken auf Selbstbild und Motivation aus? - beyond the runners’ feelings.


Mockup Nele Dörk mit dem Laufmantra "you're only as good as your last run'
Lauf-Mantra für mehr Motivation? "You're only as good as your last run"
"You’re only as good as your last run."

Dieser Spruch sagt im Kern folgendes aus: Du bist in gewissen Dingen nur so gut, wie du es zuletzt bewiesen hast. Und davon hängt dein jetziger Wert ab. Micdrop.



Unser innerer Monolog nach einem “schlechten” Lauf


Eine Sache möchte ich vorab klarstellen: Ohne die schlechten Läufe wüssten wir ja gar nicht, was einen guten Lauf im Kern ausmacht. Ohne Weiß, kein Schwarz. Ohne Licht, kein Dunkel. Und ohne Schlecht, kein Gut. 


Vielleicht kennt ihr dieses Gefühl: Schlechte Läufe (die Definition, was schlecht im Kern bedeutet, bleibt hier subjektiv) bleiben uns manchmal länger in Erinnerung als die Guten. Wir fragen uns, warum sich der Lauf nicht gut angefühlt hat, warum wir unsere gewohnte Leistung nicht abrufen konnten und üben eine gedrückte Stimmung aus. Wir grübeln, überlegen, zweifeln. Der Lauf war nicht gut = ich bin nicht gut.


Unsere Sorge: Hoffentlich wird der nächste Lauf nicht genauso schlecht. Unsere Hoffnung: Hoffentlich wird der nächste Lauf besser. 

Und jetzt stellt euch vor, jemand sagt euch: “You’re only as good as your last run”. 

Na danke auch.


Definiert also lediglich der letzte Lauf, wie gut oder schlecht ich wirklich bin?


Leistungsethik im Laufsport – was sind wir als Läufer:in wirklich wert?


Ich kürze es ab: Ich mag das Mantra auf den ersten Blick nicht. Schließlich wird hier der eigene Wert an Leistung gekoppelt, die sich wiederum auf unser Selbstbild auswirkt. Jeder Lauf, der sich „schlechter“ anfühlt, bedroht das eigene Selbstbild. Jeder Lauf, der sich „gut“ anfühlt, muss beim nächsten Mal übertroffen werden. Letzteres ist der uns bekannte Dopamin Schub. Naja und wenn es schlecht läuft, schütten wir Cortisol aus.

Wir geraten leider in eine Art Hamsterrad, oder anders ausgedrückt: ein Kreislauf aus kurzfristiger Bestätigung und latenter Selbstabwertung.


Anstatt mehr auf Selbstwahrnehmung zu achten, sind wir mehr darin geübt, uns von uns selbst oder anderen ein Feedback zu geben. Wie zum Beispiel durch Strava, Tracking-Tools, Laufuhren … ihr wisst ja.


Im Grunde genommen, überwachen wir uns dadurch selbst und dokumentieren unsere Leistung.

Und an Zahlen, Fakten & Applaus wird der Wert gemessen.



Die psychologische Ebene: Wie lässt uns dieser Laufspruch wirklich fühlen?


Ich übersetze es an dieser Stelle einmal: “Du bist nur so gut wie dein letzter Lauf”. Ich könnte genauso gut sagen: “... wie dein letzter Pitch, dein letztes Projekt, dein letztes was-auch-immer”.

Die Krux an der Sache: Wir bewerten nicht eine Reihe von Ereignissen, sondern lediglich das Letzte. Und ein schlechter Lauf definiert uns noch lange nicht als schlechte:n Läufer:in. Ebenso wie das letzte gescheiterte Projekt nichts über unsere Expertise per se aussagt.


Im Zentrum steht ein Mechanismus, den die Motivationsforschung kontingente Selbstwertregulation nennt.


Das bedeutet: Das eigene Selbstwertgefühl hängt davon ab, ob man in einem bestimmten Bereich (z. B. Sport) Erfolg erlebt. Läuft es gut, steigt der Selbstwert. Läuft es schlecht, fällt er. Und hier kommt das klassische Dopamin-Cortisol-Gleichgewicht ins Spiel, das ich oben schon kurz erwähnt habe.


Unser Gehirn speichert all die Erkenntnisse und formt daraus einen Feedback-Loop. Und zwar nicht immer zu unserem Vorteil…


Das Lauf-Mantra ohne Bewertungszyklus


Ich habe es ja schon zu Beginn geschrieben, dass “gut” und “schlecht” rein subjektiv betrachtet werden muss. Und genau das können wir jetzt zu unserem Vorteil nutzen, der uns oben manchmal fehlt. In diesem Sinne beinhaltet “You’re only as good as your last run” gar keine Bewertung. Warum?


Ein schlechter Lauf muss ja nicht bedeuten, dass etwas wirklich “schlecht” gelaufen ist. Nehmen wir das Beispiel der Pace: Bei unserem letzten Lauf waren wir viel langsamer als geplant, es war mühsam. Doch vielleicht haben wir hier eine starke Integrationsarbeit geleistet, weil wir uns bestimmten Umständen unbewusst angepasst haben: schlechter Schlaf, unmotiviert = eher Regenerationslauf. Dann war der Lauf ja nicht schlecht, sondern so, wie wir ihn in diesem Moment gebraucht haben.


Unser Körper bewertet hier nicht. Er verwendet einfach ein anderes System.


Sobald wir Begriffe wie gut oder schlecht verwenden, haben wir die sensorische Ebene bereits verlassen. Wir sprechen über etwas, das der Körper nie so formuliert hätte. Wir nehmen es nur so wahr.


Und an dieser Stelle geben wir dem Mantra eine neue Bedeutung: Das “gut” bedeutet hier schlichtweg, dass wir so gut sind IN DEM UMSTAND, was unser Körper gerade gebraucht hat. Und das war vielleicht mehr Ruhe, als dass es Tempo sein sollte. Das Mantra verwandelt sich von einer Bewertung in eine Beobachtung. Und somit verliert er die Urteilskraft.


Wer „den letzten Lauf“ als Maß aller Dinge nimmt, überbewertet einen alleinigen Datenpunkt und ignoriert, dass Leistungsfähigkeit ein ganzer Prozess ist. Wie blöd wäre es denn auch, wenn nur das Letzte das ist, was wirklich zählt und einen Wert bekommt?


Fazit: Zählt der letzte Lauf – oder vielleicht der nächste?


Manche sehen in dem Satz  “You’re only as good as your last run” gewiss eine große Motivation. In diesem Sinne: Da geht noch mehr, ich kann besser werden. Das treibt an.

Ich glaube jedoch: was sich zuerst als Motivation tarnt, erzeugt ein sehr labil gesteuertes Selbstwertsystem. Jede Laufeinheit wird zum Urteil über unsere Identität. Und dann passiert das Schlimmste, was wir meiner Meinung nach annehmen können: wir denken, wir haben Kontrolle. Kontrolle über unsere Läufe. Nah. Nicht wirklich.


Wisst ihr, was mir viel besser gefällt? Auf den nächsten Lauf zu schauen statt auf den letzten.Wir wissen ja sowieso nicht, wie der nächste Lauf wird. Also geben wir die Kontrolle ab. Und wenn jemand das Mantra dennoch auf den letzten Lauf anwenden mag, dann doch lieber so: ohne Bewertung, vielmehr als Check-In zu dem, was unserem Körper vielleicht gefehlt hat. 


Ich mag das Mantra viel mehr als Zustandsmoment, als ein Urteil. Und mein Kopf auch.



FAQ


Was bedeutet das Lauf-Mantra „You’re only as good as your last run“?

Das Mantra „You’re only as good as your last run“ bedeutet, dass deine aktuelle Form oder dein wahrgenommenes Können vom letzten Lauf abhängt. Es erinnert daran, dass Leistung vergänglich ist und jeder Lauf ein neues Feedback über den eigenen Zustand liefert. In der Laufkultur wird der Satz oft motivierend genutzt, kann jedoch auch Druck erzeugen, wenn er zu eng auf Ergebnisse bezogen wird.


Ist das Mantra „You’re only as good as your last run“ hilfreich oder schädlich für Läufer:innen?

Das hängt vom Umgang ab. Positiv betrachtet kann es Läufer:innen helfen, dranzubleiben und bewusst ihre aktuelle Form zu reflektieren. Negativ wird es, wenn daraus Selbstwert oder Leistungserwartung abgeleitet werden. Psychologisch sinnvoll ist, den Satz als Momentaufnahme zu verstehen – nicht als Bewertung des eigenen Werts, sondern als Hinweis darauf, was Körper und Geist gerade brauchen.




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