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Joggen und Erkältung: Das passiert im Kopf und Körper, wenn Läufer und Läuferinnen erkältet sind

Sport bei Erkältung? Lieber nicht. Doch warum sollte man eine Sportpause machen und was passiert wirklich in unserem Körper, wenn wir erkältet sind?

Nele laufen bei Erkältung
Laufen trotz Erkältung? Das passiert im Kopf und Körper

Joggen & Erkältung – wie der Körper auf Viren reagiert

Eine Erkältung ist wohl eines der Dinge, die für Läufer:innen ziemlich lästig und nervig sind. Sport ist je nach Schweregrad erst einmal Tabu oder sollte auf das Minimum reduziert werden. Ein Einruch der Leistung ist zu erwarten. Panik im Kopf entsteht. Wie werde ich schnell wieder gesund? Wie lange falle ich aus? Kann ich nicht ein bisschen Sport machen? Wie soll ich das so lange ohne Laufen aushalten?

In diesem Beitrag erzähle ich euch, wie ich versuche mit Laufpausen aufgrund von Erkältungen umzugehen und zeige euch, was wirklich im Körper und Kopf passiert, wenn Läufer:innen sich erkältet, müde und erschöpft fühlen – aus einem Gespräch mit meinem Kardiologen.


Erkältet als Läufer:in – (m)eine Leidensodyssee

Zum Zeitpunkt dieses Beitrags bin ich aktuell seit 7 Wochen krank. Krank in diesem Sinne bedeutet für mich, dass ich erkältet bin. Leider läuft nichts richtig ab, ich habe keinen Husten und fühle mich ab Hals abwärts ziemlich schleimfrei. Von den Symptomen her ist es in Ordnung. Allerdings sind meine Nasennebenhöhlen gar nicht glücklich. Dies führt zum Druck im Kopf, teilweise Migräne und Ohrenschmerzen. Die Erkältung kratzt an meinem Immunsystem und sie mich mich nicht nur unfassbar müde, sondern sie stresst mich auch. Gar keine gute Kombination.


Ich kann schwer meine Füße stillhalten. Wenn ich merke, dass es mir körperlich besser geht, dann mache ich langsam (!) wieder Sport – und wundere mich dann, warum es gar nicht läuft und es mir nach dem Laufen schlechter geht als zuvor. Die Folge: Frust. Noch mehr Stress. Noch mehr Kopfweh. Währenddessen immer der kritische Blick auf meine Laufuhr: Der Puls ist vergleichsweise viel zu hoch.

Irgendwann macht sich dann die Panik in meinem Kopf breit: hätte ich lieber noch mit dem Sport warten sollen? Was ist, wenn mein Herz einen Schaden davon getragen hat? Habe ich es jetzt verschleppt? Muss ich noch länger eine Laufpause machen? Ab hier beginnt ein Kreislauf, in dem ich mich nur langsam wieder beruhigen kann. Die nächste Folge: Arztbesuch.


Joggen bei Erkältung – was passiert in unserem Körper?

Ich bin natürlich keine Ärztin – aber ich kann euch indirekte Quotes meiner Ärzte mitgeben, die mir in schwierigen Situationen helfen und mir aufzeigen, was mein Körper eigentlich gerade durchmacht.

Fangen wir uns einen Virus, bzw. einen Infekt ein, dann wird unser Immunsystem angegriffen. An dieser Stelle rede ich übrigens von Erkältungs- und nicht von Grippeviren. Von Erkältungsviren gibt es übrigens mehr als 200 Stück – deshalb gibt es übrigens auch keine Impfung gegen Erkältungsviren, sondern nur gegen eine Grippe (Quelle).

Ebenso wenig bekommen wir Halsschmerzen, WEIL wir krank werden, sondern weil unser Immunsystem versucht, diese Erreger zu bekämpfen. Halsschmerzen sind also ein Indiz dafür, dass wir uns bereits einen Infekt eingefangen haben. Die Atemwege werden meist zuerst angegriffen. Dann folgt der übliche Krankheitsverlauf:

Anschließend mobilisiert das Immunsystem verschiedene Abwehrmechanismen, wie die Produktion von Antikörpern, um die Viren zu bekämpfen. Dies führt zu Entzündungsreaktionen, die die Symptome wie Halsschmerzen und verstopfte Nase verursachen. Schleimproduktion steigt an, um die Viren abzufangen und auszuspülen. Letztendlich gewinnt das Immunsystem den Kampf gegen die Erkältungsviren, und der Körper erholt sich – das wäre zumindest das Ende eines Märchens, wenn alle anderen Faktoren wie ausreichend Schlaf, gute Ernährung & Co. Kg gegeben sind.


... was aber, wenn wir unserem Körper zusätzlich noch sportliche Aktivitäten zumuten? Es liegt auf der Hand: unser Körper kann nicht alles gleichzeitig regulieren. Plötzlich jonglieren wir mit mehreren Dingen.

Gehen wir Joggen, während unser Körper gegen eine Erkältung ankämpft, so wird zusätzliche Energie benötigt – die steckt er jedoch gerade zu 99% in die Bekämpfung der Viren. Die Folge: Aus 99% werden 50% oder weniger – wir gehen schließlich laufen. Am Ende des Tages sind wir erschöpft, noch immer krank (oder kränker) und womöglich panisch – war das zu viel des Guten?


Erkältet als Läuferin – Gedanken, die ich mir mache


Die Frage, ob all das zu viel war, stelle ich mir erst dann, wenn es mir schlechter geht. Eigentlich müsste ich es besser wissen. Aufgrund meiner Erschöpfungsdepression und meiner Panikstörungen (die ich mittlerweile wirklich sehr gut im Griff habe), erhöht sich sehr schnell mein Herzschlag und meine Angst: ich muss schnellstmöglich zum Arzt und alles checken lassen.


Meine größte Angst ist es, eine Herzmuskelentzündung zu bekommen. Das mag vielleicht paradox klingen wenn man all das hier liest. Aber es ist so. Folglich war ich mittlerweile 4x beim Internisten oder Kardiologen, um mein Herz prüfen zu lassen. Ein Langzeit-EKG, Ruhe-EKG und drei Blutabnahmen später lässt sich immer sagen: es ist alles absolut in Ordnung. Trotzdem verstehe ich die Welt nicht mehr. Wieso habe ich nach wie vor keine Kraft? Wieso dauert es bisher sieben Wochen? Warum sagt mir mein HNO-Arzt: "Ja, bei Ihnen weiß ich auch nicht weiter?". Ich bin verzweifelt. Und gestresst. Und müde.


Aufmerksamen Leser:innen wird es spätestens hier klar sein: Bei mir geht es um mehr, als "nur" um eine Erkältung. Es geht um Stress. Angst. Sorgen. Anspannung. Dass mein Herzschlag höher als normal ist, dürfte wohl kaum überraschend sein. Die Psyche ist gemein. Ich brauche eine Pause.

Und neben dem Stress, nicht Laufen zu gehen, Angst zu haben und dem Druck, nicht gesund zu werden, macht sich wirkliche Verzweiflung breit. Willkommen in meinem Teufelskreis.


Erkältungszeit und Laufen gehen – Was Herz und Kopf sagen

Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich nicht die einzige Person bin, die trotz Erkältung laufen geht. Ganz gleich, wie vernünftig wir selbst sein wollen, jede:r von uns macht auch mal Dinge, die absolut unverantwortlich sind.

Ich persönlich bin, was das angeht, eine absolut paradoxe Person: ich weiß um die Konsequenzen Bescheid und bin trotz allem die Person, die Laufen geht und Sport macht, nur um dann am nächsten Tag heulend beim Kardiologen zu sitzen.

Ich mache mir Gedanken. Sehr viele. Deshalb habe ich mit meinem Kardiologen darüber gesprochen, warum ich mich so fühle, wie ich mich fühle und was mein Körper gerade überhaupt leisten muss.

5 Fragen. 5 Antworten.


1. Wieso haben Sportler:innen den Eindruck, sich total krank zu fühlen?

Wir Läufer:innen haben ein unfassbar gutes Immunsystem und eine gute, kardiologische Ausdauer. Eine Erkältung zwingt uns, wie alle anderen Menschen auch, wortwörtlich in die Knie. Der Unterscheid ist, dass weniger sportliche Menschen die Diskrepanz kaum wahrnehmen, wenn sie krank sind.

Ein Schnaufen beim Treppen gehen ist für die meisten normal, für uns ist es jedoch der worst sase. Wir sind viel mehr Leistung gewohnt, deshalb ist der Abfall, wenn wir krank sind, so unfassbar groß. Die Lücke, die zwischen "gesund" und "krank" entsteht, nehmen wir Leistungssportler:innen viel stärker wahr, als es weniger aktive Menschen tun.

Dieser Satz von meinem Kardiologen hat einen prägenden Eindruck hinterlassen. Wir sind gar nicht "so sehr krank", wenn wir erkältet sind. Wir nehmen es nur stärker wahr.


2. Wieso ist der Ruhepuls bei Erkältungen höher?

Viren zu bekämpfen kostet Kraft. Und zwar nicht kurzzeitig, sondern für eine längere Zeit. Dieser Mehraufwand führt dazu, dass unser Ruhepuls bei Erkältungen höher ist. Bei mir ist er (finde ich), viel höher: Von 47 auf rund 60. In der Regel gibt es vier Faktoren, warum der Ruhepuls höher sein KANN:


  1. Fieber: Bei vielen Infektionen, einschließlich Erkältungen, erhöht der Körper die Körpertemperatur als Teil seiner Abwehrreaktion. Dies führt zu einer beschleunigten Herzfrequenz, weil unser Herz härter arbeiten muss, um die erhöhte Körpertemperatur aufrechtzuerhalten.

  2. Entzündungsreaktion: Infektionen führen zu einer Entzündungsreaktion im Körper, bei der Immunzellen aktiviert werden, um die Infektion zu bekämpfen. Diese Aktivierung kann ebenfalls zu einem Anstieg des Ruhepulses führen – ich glaube, dieser Fall tritt bei mir ein.

  3. Dehydration: Bei Fieber und Infektionen verliert der Körper oft mehr Flüssigkeit durch Schwitzen und Fieber. Dehydration kann den Blutdruck und die Herzfrequenz erhöhen.

  4. Stressreaktion: Der Körper reagiert auf Stress, wie er bei Krankheiten auftreten kann, mit einer Erhöhung der Herzfrequenz. Dies ist Teil der Anpassung des Körpers an den Infektionszustand.

Doch was lernen wir daraus? Mein Kardiologe sagt: Insgesamt ist der erhöhte Ruhepuls während einer Erkältung eine normale Reaktion des Körpers auf die Infektion und normalerweise vorübergehend.

Diese Aussage beruhigt mich. Wirklich. Dennoch möchte ich auch an dieser Stelle anmerken, dass ihr bitte euren Arzt, eure Ärztin um Rat fragen sollt.


3. Wie lange dauert es, bis Läufer:innen den Leistungseinbruch wieder glattbügeln können?

"Das kommt drauf an" – so die Aussage von meinem Kardiologen. Dass wir anfangs aus der Puste sind und keine Höchstleistungen aufbringen können, ist ganz normal und gar kein Grund zur Sorge. Der Körper erinnert sich sehr schnell an alles, was vor der Erkältungszeit war – mit konsequentem Training und Geduld haben wir in der Regel in 2-3 Wochen unseren normalen Zustand wieder erreicht. ich finde, das ist eine ziemlich gute Nachricht.


4. Darf ich Sport machen, wenn ich erkältet bin?

Diese Frage lässt sich nicht allgemein beantworten. Bei einem einfachen Schnupfen (die Nase läuft, wir niesen), dann ist moderater Sport erlaubt. Ich habe mal den Hinweis von meinem Arzt erhalten, dass alles, was abwärts des Halses schmerzt, ein Hinweis auf einen größeren Infekt der Atemwege ist. Kurzum bedeutet das: Ab Halsweh, Husten, Schleim in den Bronchien ist Sport absolut tabu.

Nichtsdestotrotz solltet ihr das immer mit eurem Arzt abklären.


5. Woran erkenne ich eine Herzmuskelentzündung?

Bitte, bitte: googelt diese Frage nicht. Ich habe meinem Arzt diese Frage gestellt und die Antwort war: Wenn sie alltägliche Dinge nur noch mit großer Anstrengung schaffen und viel weniger Leistung abrufen können. – Diese Antwort ist natürlich super allgemein. Man kann eine Herzmuskelentzündung daran erkennen, allerdings ist es nicht das Indiz für eine. Ich habe mich lange Zeit bei den normalsten Dingen sehr schwach gefühlt und musste erstmal pausieren … noch nie habe ich so lange mein Bad geputzt.

Ob eine Entzündung vorliegt, ergibt eine einfache Blutabnahme, bei der die Entzündungswerte beim Herzen untersucht werden. Bei allen drei(!) Tests lagen diese bei mir unter der Nachweisgrenze.

Die untersuchten Werte sind übrigens die folgenden:

  1. Troponin ist der wichtigste Biomarker für die Diagnose einer Herzmuskelentzündung. Erhöhte Troponinwerte deuten auf eine Schädigung des Herzmuskels hin.

  2. Creatin-Kinase-MB (CK-MB): CK-MB ist ein Enzym, das im Herzmuskel vorkommt. Erhöhte CK-MB-Werte können auf Herzmuskelschäden hinweisen.

  3. C-reaktives Protein (CRP): Ein erhöhter CRP-Spiegel weist auf eine allgemeine Entzündungsreaktion im Körper hin, die bei einer Herzmuskelentzündung ebenfalls ansteigen kann.

Ich empfehle euch, eine Blutabnahme zu veranlassen und ggf. ein EKG zu machen. Dann seid ihr sicher.


Joggen & Erkältung: Mit einer Erkältung als Läufer:in richtig umgehen

Für mich persönlich ist es sehr schwer, mit einer Erkältung richtig umzugehen und vernünftig zu sein. Warum? Weil ich theoretisch noch in der Lage wäre, Laufen zu gehen. Als ich meine Bänderzerrung hatte, sah das Ganze anders aus: ich hätte es drehen und wenden können, wie ich wollte – ein Lauf war nicht möglich.

Zusätzlich gehe ich (ironischerweise) immer von dem Besten aus: es wird schon nichts passieren. Ich bin schließlich sonst gesund, mein Herz funktioniert, alle Werte sind stets top und positiv. Leider mache ich die Rechnung ohne meinem Kopf.

Unsere Psyche spielt eine ganz entscheidende Rolle bei Dingen oder Umständen, die uns so gar nicht passen. bewusst oder unbewusst. Und sie kann meistens mehr Schaden anrichten, als es physische Beschwerden tun. Und wisst ihr, was die Lösung ist?

Entspannen. Druck rausnehmen. Stress reduzieren.


Ja. Leider lässt sich das alles einfacher sagen oder schreiben, als es umgesetzt werden kann – ich kann ein Lied davon singen. Gleichzeitig habe ich das Privileg, einen Therapeuten zu haben, der mit mir diesen Weg geht. Denn Gedanken in Taten umzusetzen, geschweige denn diese zu verstehen, ist so unfassbar schwierig.

Ich verstehe euch, wenn ihr ähnlich empfindet. Wirklich. Und niemand kann es euch böse nehmen.


 

Eine Erkältung, oder einen bloßen Schnupfen zu haben, ist gemein. Wir brauchen Bewegung. Wir möchten unseren Trainingsplan nicht aufgeben. Wir wollen Trainingseinheiten weiterhin erfolgreich absolvieren. Nichtsdestotrotz brauchen wir die Abwehrkräfte. Ein Wiedereinstieg wird hart, aber er ist machbar. Erholung ist auch wichtig. Sport bei Erkältung ist semi-optimal.

Wir werden wieder gemeinsam laufen gehen. Irgendwann.








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