Magen-Darm-Beschwerden gehören zum Leben als Läufer:in an manchen Tagen dazu. Doch wie fühlt es sich an, wenn man permanent unter Darmproblemen leidet, oder gar mit dem Reizdarmsyndrom diagnostiziert wurde? Ich nehme euch mit in meine Welt der Laufgedanken und spreche über ein Thema, das ich bisher für mich gehalten habe
Disclaimer: Ich bin keine Ärztin und erzähle euch an dieser Stelle, welche Symptome bei mir auftreten, was mir hilft und was nicht. Das kann natürlich bei jeder Person anders aussehen. Wenn ihr das Gefühl habt, ähnliche Symptome zu haben, dann holt euch bitte ärztlichen Rat ein.
Diagnose: Reizdarm und Glutenunverträglichkeit
2014 erhielt ich die Diagnose Reizdarm. 2015 wurde bei mir eine Glutenunverträglichkeit festgestellt. Mein lieber Darm bereitet mir seit jeher Probleme, tagein, tagaus. An manchen Tagen weniger, an den meisten Tagen jedoch mehr.
Dass man mir all die Herausforderungen oder das Unwohlsein nicht ansieht, verhält sich ähnlich zu psychischen Problemen wie die der Depression: Man sieht sie einfach nicht. Zumindest fast.
Ab und zu wächst mein Bauch mal auf die doppelte Größe heran, dann ist er wieder ganz normal. Das ist auch das einzig visuelle Merkmal, das ich natürlich absolut gut kaschieren kann. Die Krämpfe, die Schmerzen, die Unsicherheit – all das sieht niemand. Man bemerkt es höchstens an meiner Laune. Trotzdem laufe ich quietschfidel durch die Gegend, teile meine sportliche Aktivität in den sozialen Medien und bin meistens glücklich. Trotzdem drückt da unten ganz oft etwas.
Seit einigen Jahren vergehen kaum Tage, an denen ich keinerlei Probleme mit meinem Darm habe. In den meisten Fällen sind die Beschwerden minimal, jedoch verhält es sich so wie mit Gedanken: Sie schwirren immer im Kopf herum, mal mehr oder weniger präsent. Ich wollte dem Fakt, dass mein Darm nicht richtig funktioniert, nie Aufmerksamkeit schenken. Es war mir immer unangenehm und ich war der festen Überzeugung, dass wenn man Dingen keine Bühne gibt, sie irgendwann nicht mehr im Rampenlicht stehen und rückwärts die Bühne verlassen. Gute Akteure finden jedoch immer einen Weg – so auch mein Magen-Darm-Trakt.
Doch wovon spreche ich hier eigentlich? Was unterscheidet einen Reizdarm von läufertypischen Magen-Darm-Problemen? Oder von der Aufregung vor einem Laufwettkampf, bei dem man 10 Mal die Toilette aufsucht, bevor der Startschuss fällt?
Magen-Darm-Probleme beim Laufen: Der klassische Runner's Trot
Vielleicht habt ihr davon schon mal gehört: Der Begriff "runner's trot" bezieht sich auf ein Phänomen, bei dem Läufer:innen während oder nach dem Laufen plötzlich einen Drang zum Stuhlgang verspüren. Dieses unangenehme Gefühl wird oft von Durchfall begleitet. Runner's trot sind nicht ungewöhnlich und können alle Läufer:innen betreffen.
Die genauen Ursachen von runner's trots sind nicht vollständig geklärt. Allerdings gibt es einige Auslöser, die dazu beitragen. Mitunter zählen Stress, die Ernährung, Dehydration und auch die Bewegung des Verdauungstraktes eine Rolle. Vor allem bei Wettkampfstress, längeren Distanzen und bestimmten Wetterbedingungen kann das Unwohlsein auftreten. Kurzum: das Ganze ist nicht schlimm oder gefährlich. Es nervt nur. Beim Reizdarm sieht die Sache jedoch ein wenig anders aus.
Was ist das Reizdarmsyndrom?
Zunächst einmal müssen wir verstehen, was das Reizdarmsyndrom (RDS) ist. RDS ist eine funktionelle Darmerkrankung, was bedeutet, dass keine strukturellen Veränderungen oder Entzündungen im Darm feststellbar sind. Stattdessen handelt es sich um eine Störung der Darmmotorik und der Darm-Gehirn-Kommunikation. Die genauen Ursachen des Reizdarmsyndroms sind noch nicht vollständig verstanden, aber Stress, Ernährung und eine gestörte Darmflora spielen wahrscheinlich eine Rolle. Genau so unbefriedigend und schwammig es klingt, ist es leider auch.
Ärzt:innen konnten mir persönlich nie wirklich helfen. Und wenn ich mal ganz ehrlich bin: Mehr als die Standardaussage wie "Stressen Sie sich weniger" oder "Nehmen Sie Flohsamen zu sich", habe ich bisher auch nicht gehört.
Symptome beim Reizdarmsyndrom
Die Symptome beim Reizdarmsyndrom können vielfältig und der Krankheitsverlauf unterschiedlich sein. Bei mir treten meistens Durchfall oder Verstopfung auf, ein harter und aufgeblähter Bauch, Blähungen und ein Druck, der sich bis in den Magen hochzieht. An manchen Tagen ist es so schlimm, dass ich die Wohnung nicht verlassen mag, weil mein Körper und meine Psyche nicht wollen. Ich fühle mich unwohl. All das schränkt meine Lebensqualität ein.
Das Schlimme ist, dass ich manchmal keinen wirklichen Grund finde und meine Verdauung so oder so am Limit läuft. Ich kann eine Pizza essen, Pasta, Obst, glutenfreies Brot, Joghurt ... oder auch nichts. Am Ende findet mein Darm alles blöd und ich bin wieder genervt – was die Symptomatik natürlich nicht besser macht.
Stress – das Problem für den Darm
Ich merke, dass es meinem Darm schlechter geht, wenn ich unter Stress oder Druck stehe. Und hierbei geht es nicht um richtig große Stresssituationen, die jede*r mal hat. Ich bin der Meinung, dass der Körper ständig unter Stress steht, der jedoch manchmal so klein ist, dass wir ihn nicht bemerken.
Nunja, mein Darm bemerkt das schon. Wenn ich mal einen Morgen 10 Minuten später aufstehe als geplant, so ist das scheinbar schon Stress – zumindest ist er groß genug, dass mein Darm darauf reagieren muss.
Ihr seht also: Ursachen und Symptome können vielfältig sein, was das Thema so komplex und für Außenstehende schwer verständlich macht. Manchmal verstehe ich es ja selbst nicht.
Doch wie geht man mit Sport und Bewegung um? Welche Sportarten können gut tun und wann sollte man das Training sein lassen? Wie bereits erwähnt, reagiert jeder Körper anders. Das hier sind meine persönlichen Erfahrungen und Tipps, die ich euch mit auf den Weg geben mag.
Sport und Reizdarm – Freund oder Feind?
Wie gut ist joggen für den Darm?
Ein Ausdauersport wie das Joggen, kann sich positiv auf den Darm auswirken – insbesondere in Bezug auf die Darmgesundheit und die Verdauungsfunktion. Warum das so ist, liegt vielleicht auf der Hand: Wenn wir joggen, kommt nicht nur unser Herz-Kreislauf-System in Bewegung, sondern auch unser Verdauungstrakt. Denn ja, beim Laufen bewegt sich ganz schön viel. Vor allem Lauftraining bei leichter bis mittlerer Intensität tut unserem Magen-Darm-Trakt erstmal gut.
Hilft Laufen bei Reizdarm?
Im Großen und Ganzen hilft mir das Laufen, wenn mein Darm mal wieder komplett dicht macht.
Doch Obacht: Schon ein bisschen mehr kann(!) auch das Gegenteil bewirken. Letzten Endes ist jede Sportart, darunter auch das Laufen, ein Anfall von Stress für den Körper. Darüber habe ich in diesem Blogbeitrag schon einmal berichtet. Und Stress ist, wie wir wissen, nicht der beste Freund für den Darm.
Die Folge: Durchfall. Folglich Dehydration. Magenschmerzen. Und glaubt mir, wenn genau das während des Laufens passiert, dann bekommt man auch mal schnell die Panik oder Angst. Und dann folgt noch mehr Stress. Die Katze beißt sich selbst in den Schwanz.
Schauen wir uns die andere Seite der Medaille an: Wie sieht es mit dem Laufen aus, wenn nicht Verstopfung, sondern Durchfall die Herausforderung ist? Sollte man dann lieber ruhen und viel Bewegung und Sport vermeiden? An dieser Stelle habe ich leider keine eindeutige Antwort für euch. Ich habe mittlerweile gelernt, wann ich laufen gehen kann und wann nicht, wenn mein Darm mal wieder unendliche Freifahrtscheine einlösen möchte.
In den meisten Fällen überlege ich mir, ob ich wirklich laufen gehen muss, oder ob es nicht auch ein Homeworkout tut. So habe ich zumindest die Toilette gleich in der Nähe. Allerdings ist die Entscheidung auch immer vom allgemeinen Zustand meines Körpers abhängig: fühle ich mich trotz allem fit? Habe ich Kraft? Bin ich motiviert? Fühle ich mich draußen wohl? Wenn ich diese Fragen mit einem "Ja" beantworten kann, dann drehe ich eine kleine 5 Kilometerrunde. Keine Intervalle. Keine Tempoläufe.
Wichtig ist: Du kannst und darfst dich trotz Reizdarmbeschwerden bewegen – du kannst wandern gehen, schwimmen, Yoga machen, Fahrrad fahren oder alle anderen Sportarten wählen. Am Ende zählt, ob du dich wohl und sicher fühlst. Sport im Allgemeinen verringert die Entzündungsaktivität und kann auch zu mehr Wohlbefinden führen. Doch wie gesagt: kann. Sei am Ende ehrlich zu dir selbst und wenn dein Lauf-Training mehrere Tage ins Wasser fallen muss, weil dein Darm wieder verrückt spielt, dann ist das vollkommen in Ordnung. An manchen Tagen fühle ich mich beim Laufen sehr unwohl – vor allem dann, wenn mein Bauch aufgebläht ist und es auch einfach sichtbar ist. Dann fühle ich mich nicht selbstsicher. Sondern ganz klein mit Hut.
Reizdarm – Was mir als Läuferin hilft und was nicht
Wenn ihr jetzt denkt, dass ich mit Tipps zur Sporternährung um die Ecke komme, dann muss ich euch enttäuschen. Ich bin eine Läuferin, die zu 90% auf nüchternem Magen läuft und damit auch am besten zurrecht kommt. Mein Darm arbeitet gefühlt ununterbrochen, Nahrung im Magen und Darm ist für mich beim Laufen nicht förderlich. Damit ich dennoch genug Energie für meine Laufeinheiten habe, kommen entweder ein Riegel oder ein paar Nüsse vor dem Lauf zum Einsatz. Und ganz wichtig: Kaffee. Denn vor jedem Lauf MUSS ich auf Toilette. Kopfsache.
Und weil nicht nur der Körper, sondern auch die Psyche eine ganz wichtige Rolle spielen, habe ich hier meine fünf Tipps für euch:
5 Tipps für das Laufen, wenn der Darm grummelt
1. Routenplanung
Safety first: Mir hilft es wenn ich meine Laufroute plane und sicherstellen kann, dass ich Toiletten, einen Wald oder zumindest viel Wiese in meiner Nähe habe. Für den Fall aller Fälle. Dies gibt mir zusätzliche Sicherheit beim Laufen und ich bin entspannter.
2. Taschentücher einpacken
Ich habe ausnahmslos bei jeden meiner Läufe Taschentücher dabei. Auch für den Kopf (und meine Nase). Eine Sorge weniger, wenn ich "muss".
3. Warmlaufen
Ihr solltet nicht nur eure Muskeln aufwärmen, sondern auch euren Darm. Da kommt schließlich einiges an Bewegung auf ihn zu. Ein Warm-up bereitet ihn auf die bevorstehende Belastung vor.
4. Entspannt Laufen
Ich weiß, dieser Tipp ist einfacher gesagt als getan. Versuche ohne Ängste und ohne ein Ziel in deinen Lauf zu starten. Keine Bestzeiten. Kein Longrun. Keine Top-Leistung. Überlege dir, was im allerschlimmsten Fall passieren kann: Du musst aufs Klo. Und du schaffst es nicht rechtzeitig. Glaub mir: Das kann passieren. Und ist absolut kein Drama.
5. Höre auf deinen Körper
Auch wenn wir beim Laufen vieles ausblenden, sollten wir ganz genau unserem Körper zuhören. Wenn du dich zu unwohl fühlst, dann brich das Training ab. Und starte am nächsten Tag von vorne.
Laufen Reizdarm – ein Fazit
Ehrlicherweise fiel es mir nicht sehr leicht, diesen Text zu schreiben. Nicht aus Scharm oder Zweifeln, sondern weil ich selbst unzählige Beiträge, Tipps und Ratschläge gelesen habe, die mir nur bedingt weitergeholfen hatten. Das Thema ist komplex. Die Erkrankung individuell. Wenn ich mir diesen Beitrag durchlese bin ich unsicher, ob euch meine Tipps wirklich helfen werden. Es dauert Monate oder Jahre, Geduld und Erfahrung, bis man lernt, wie man als Läufe:rin mit Darmbeschwerden laufen gehen kann – ohne, dass man mit den Gedanken ganz woanders ist.
Vor allem zu dem Zeitpunkt, als meine Erschöpfungsdepression sehr präsent war, ist mir der Gedanke selbst, jetzt laufen zu gehen, auf den Magen geschlagen. Hinzu kamen Panikattacken, dass mir schlecht werden könnte, ich Angst bekomme. Panik vor der Panik. Der Weg ist lang, bis man mit dem Thema gelassener umgehen kann. Ich weiß das. Ich weiß aber auch, dass sich der Weg lohnt.
Was mir bei Reizdarm hilft – und was nicht
Aktuell probiere ich übrigens wieder sehr viel aus. Ich versuche, zu viel Eiweiß zu vermeiden, nutze Nahrungsergänzungsmittel und massiere ganz oft meinen Darm. Das hier ist keine bezahlte Werbung oder eine Kooperation. Aber das Daily Gut Pulver von Braineffect (nehme es aktuell seit rund 5 Monaten täglich ein) sowie Gemmo Mazerate wie Feigenbaum, Echter, helfen mir ganz gut. Bitterliebe erfüllt auch einen guten Zweck. Was mir persönlich gar nicht hilft und vieles noch schlimmer macht: Flohsamenschalen, Kurkuma, Lefax, Kohletabletten.
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